Wie bei Etappe 12 erwähnt, bringt die Lage des Hotels Rosalia Vorteile. Man kann entlang der Bahn gehen, um auf den Jakobsweg zu gelangen und muss nicht zurück bis zur Kathedrale laufen. Ja, es ist wie schon die letzten Tage, sehr frisch - richtig zum munter werden ...
Heute muss ein besonderer Tag sein: Erstmalig sehe ich zu dieser frühen Morgenstunde mehrere Menschen mit Rucksäcken, die augenscheinlich dasselbe Ziel haben wie ich. Die Gesellschaft Gleichgesinnter motiviert ungemein und macht selbst Höhenmeter zu Freunden.
Selbst die Kilometer, die man entlang der Straße läuft, fallen nicht auf. Man hat nun fast einen Tunnelblick und läuft und läuft ...
O Milladoiro, die letzte Stadt vor Santiago de Compostela. Nicht ganz 10 km bis zum Ziel. Ein letzter Kaffee vor dem Endspurt.
Zugegeben, die letzten 2 1/2 km durch das moderne S.d.C, die nur bergauf führen, scheinen endlos zu sein. Die Menschenströme werden dichter, insbesondere in der Seitengasse, durch die man zum Vorplatz der Kathedrale gelangt. Diejenigen, die mir entgegenkommen, lachen gelöst, vermitteln Zufriedenheit und manche schwenken ihre Compostela ... Minuten, Sekunden ...
Es ist 12:35 Uhr und ich stehe auf der Praza do Obradoiro. Ich wusste nicht, sollte ich weinen, mit mir selbst um die Wette strahlen, hüpfen, jubeln oder einfach still den Augenblick genießen. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, das über einen hereinbricht und es dauert eine Weile, bis man ansatzweise realisiert, was man geschafft hat.
Der Erhalt der Compostela und der Distanzia erweisen sich als völlig problemlos und das Procedere war nicht im geringsten zeitaufwändig. Ich gebe zu, dass es schon auf die Tränendrüse gedrückt hat, als ich die Urkunden in Händen halte.
Gleich besorge ich mir (wie schon für die Pedronia) eine Rolle für den sicheren Transport der Urkunden. Danach erstmalig ein Pilgermenü gegessen und die Leute beobachten, die noch unterwegs sind, ihre Urkunden abzuholen.
Das Auffinden der Unterkunft war schwierigen, als dem Jakobsweg. zu folgen. Trotz GoogleMaps schaffte ich es, dreimal daran vorbeizulaufen. Vorgewarnt, dass es hier keinen Lift geben würde, betrat ich die Rezeption im 2. Stock - mein Zimmer lag dann im 4. Stock des Hospedaje Ramos - über den Dächern der Altstadt mit einem seitlichen Blick auf die Kathedrale. Traumhaft!
Einfach loslassen - einfach mal aufs Bett legen und Spannung, Anspannung, Erwartungen, Leistungen und Erfolg sacken lassen. Glücklich darüber, gesund, ohne Blasen oder gröbere Einschränkungen angekommen zu sein.
Kontaktaufnahme mit den Mädels, bzw. Florian, die ich in Esposende kennengelernt hatte. Es war vereinbart, dass wir uns am Ankunftstag, der für alle gleich geplant war, verabreden zum Essen. Cristina und ihre Bekannte waren leider schon früher abgereist und bereits am Heimweg, doch Florian und ich würden den Abschluss der Pilgerreise noch mit einem guten Essen ausklingen lassen.
Bei exzellenten Tapas und Wein erzählten wir einander von den letzten Tagen und Wochen, von Erlebnissen, Begegnungen und Erfahrungen. Ein gemütlicher Abend ging zu Ende. Denn während ich noch einen weiteren Tag in Santiago de Compostela verbringen würde, hieß es für Florian schon zurück nach Hause zu fliegen.
Beim Schlafengehen wurde mir bewusst, dass es morgen kein Aufstehen wie sonst werden würde. Keine Tagesetappe stand an, keine Kilometer waren zu laufen ... einfach nur den Tag genießen.
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